Schichten (Layering)

Die Technik des „Schichtens“ ist wohl eine der grundlegendsten Techniken beim Bemalen von Miniaturen, die auch einem Anfänger leicht zugänglich ist. Viele step-by-step Anleitungen, die man im Internet oder in anderen Quellen findet, gehen auf diese Art vor. Das bedeutet jedoch keinesfalls, dass es sich hierbei um eine reine Anfängertechnik handelt – die Profimaler von Games Workshop beispielsweise treiben diese Technik auf die Spitze und erzielen damit grandiose Ergebnisse.

Was meine ich nicht mit „Schichten“?

Natürlich kann der Begriff „Schichten“ durchaus unterschiedlich verstanden werden. Dass man beim Bemalen von Miniaturen in Schichten arbeitet, wird auch jedem Anfänger schnell klar werden. Um einen einheitliches und glattes Ergebnis zu erzielen, wird man immer mehrere dünne Farbschichten übereinander auftragen müssen. Grundsätzlich gilt, dass mehrere dünne Farbschichten besser aussehen als eine dicke. Bei dem Versuch, ein Modell in einer einzigen deckenden Farbschicht anzumalen, bringt man zu viel Material auf, was dazu führt, dass Details verloren gehen und eine unerwünschte Pinselstrichstruktur entsteht. Oftmals reichen jedoch zwei Lagen übereinander.

Die Technik des Schichtens lässt sich auch deshalb schwer von anderen Techniken abgrenzen, da diese oftmals nur eine Spielart des Schichtens darstellen. So sind beispielsweise sowohl das Auftragen von Kantenakzenten (edge highlighting) als auch das Arbeiten mit Lasuren (glazing) letztendlich nur Spielarten des Schichtens. Um diese geht es mir jedoch vorerst noch nicht.

Was meine ich mit „Schichten“?

Wenn ich im Folgenden von „Schichten“ spreche, meine ich eine relativ eng gefasste Begriffsdefinition und denke an eine konkrete Technik:

Würde man jede Fläche eines Modells nach der Grundierung nur noch mit einer Farbschicht bemalen (z.B. die Hose braun, den Umhang rot, Hände und Gesicht fleinschfarben), würden die entstandenen Oberflächen flach und langweilig wirken. (Siehe hierzu auch die Problembeschreibung hier.) Um dies aufzubrechen und die Illusion von mehr Tiefe zu erzeugen, tragen wir nun schichtweise weitere Highlights auf.

Der grundsätzliche Gedanke wird in den grünen Kreisen oben deutlich. Der Kreis auf der rechten Seite wirkt viel plastischer als der einfarbige dunkelgrüne Kreis links. Die linke Seite stellt dabei eine Fläche auf einer Miniatur dar, auf der lediglich eine Farbschicht aufgetragen bzw. die Grundfarbschicht geblockt wurde. Auf der rechten Seite sehen wir dagegen eine Fläche, auf der schichtweise immer hellere Farbtöne der Grundfarbschicht auf immer kleiner werdende Bereiche aufgetragen wurden. Nachdem also die gesamte Fläche dunkelgrün geblockt wurde und trocknen konnte, trägt man eine weitere Schicht Grün auf – allerdings verwendet man einen etwas helleren Farbton und man lässt einen Rand des darunterliegenden Dunkelgrüns sichtbar. Die nächste Schicht Grün ist wiederum etwas heller und die von ihr abgedeckte Fläche wiederum etwas kleiner als die letzte. Dies macht man nun so lange, bis man mit dem entstandenen Farbverlauf zufrieden ist. Je mehr Schichten man aufträgt, desto weicher wirkt der Farbverlauf. Bemalt man Modelle für ein Gesellschafts- oder Tabletop-Spiel reichen oftmals 2-3 Schichten, um eine überzeugende Wirkung zu erzielen. Möchte man jedoch ein ganz besonderes Modell in einem hohen Standard bemalen, kann man dieses Verfahren nahezu beliebig kleinschrittig durchführen.

Natürlich handelt es sich hierbei nur um ein theoretisches Beispiel. Beim Miniaturenbemalen haben wir es selten mit exakten geometrischen Formen zu tun – das grundsätzliche Vorgehen bleibt jedoch das gleiche. Zudem geht es aufgrund der dreidimensionalen Beschaffenheit der Modelle auch weniger darum, echte Plastizität nachzuahmen, sondern vielmehr darum, die bestehenden Formen des Modells noch weiter zu betonen.

In der realen Anwendung kommt zudem noch ein weiterer Punkt zum Tragen: Wenn wir unsere Acrylfarben angemessen verdünnen, sind sie normalerweise nicht völlig deckend. Es schimmert also immer noch ein klein wenig der Untergrundfarbe durch die neue Farbschicht hindurch. Beim Schichten ist diese Eigenschaft durchaus hilfreich, da sie dazu beiträgt, dass das die Farbverläufe weicher geraten (obwohl man die unterschiedlichen Schichten natürlich noch immer sehen kann – siehe unten).

Anwendungsbeispiel

Ork Painboy (GW)

In dem Beispiel oben lassen sich einige Anwendungen des Schichtens entdecken. Am deutlichsten wird dieses Verfahren wohl bei der Haut des Modells. Wenn man genau hinsieht, kann man am Unterarm bzw. Ellenbogen der Figur insgesamt fünf Schichten Grün erkennen. Der Verband am Arm weist hingegegen nur drei Schichten auf, wobei – wenn man einmal von dem rötlichen Blutfleck absieht – vor allem die Grundfarbe (Hellbraun) und die Highlights an den äußersten Kanten der Falten (Beige) ins Auge stechen. Vor allem im vergrößerten Bereich kann man die unterschiedlichen Farbschichten gut erkennen. Betrachtet man das Modell jedoch mit bloßem Auge, gehen die Schichten in einander über. Dies gilt vor allem auf dem Spieltisch, wo vielmehr der Gesamteindruck mehrerer Modelle wahrgenommen wird.

Letztendlich muss jeder Bemaler für sich entscheiden, wie viele Schichten er einsetzen möchte. Abgesehen vom zur Verfügung stehenden Platz und der Zeit, die man für die Bemalung aufwenden möchte, spielt allerdings auch immer das Material, das dargestellt werden soll, eine wichtige Rolle. Während weichere Materialien, wie z.B. Haut, tendenziell mehr Schichten erfordern, können härtere Materialien tedenziell auch mit weniger Schichten überzeugend dargestellt werden.

Vor- und Nachteile der Technik

Bemaltechniken stellen letztendlich Werkzeuge im Werkzeugkasten eines jeden Miniaturenbemalers dar und wie Werkzeugen sind gewisse Techniken für bestimmte Situationen besser oder schlechter geeignet als andere. Zudem ersetzen (wie bei Werkzeugen) Techniken sich nicht zwingend gegenseitig, sondern ergänzen sich in vielen Fällen vielmehr.

Wie man in dem obigen Beispiel sehen kann, lassen sich die Farbübergänge der unterschiedlichen grünen Farbschichten durchaus noch erkennen, wenn man genauer hinsieht. Wenn man also sehr weiche Farbverläufe erreichen möchte, muss man die hier gezeigte Technik noch durch weitere Techniken ergänzen (z.B. durch glazing) oder auch ganz anders vorgehen (z.B. durch wet blending). Dass man die einzelnen Farbschichten noch erkennen kann, sollte jedoch für sich genommen nicht zwingend als Nachteil verstanden werden – bestimmte Bemalstile setzen sogar genau darauf. Das Ergebnis wirkt dann nur eben eher comicartig.

Wie bereits ganz am Anfang erwähnt, ist das Schichten eine Technik, die auch für Anfänger leicht zugänglich ist. Der Hauptgrund hierfür liegt sicherlich darin, dass das Bemalen in Schichten vergleichsweise wenig Planung erfordert. Während es manche Bemaltechniken notwendig machen, dass man schon beim Grundieren ziemlich genau weiß, wie die Figur am Ende aussehen soll und die Reihenfolge, in der man bestimmte Elemente des Modells bemalt, immer im Auge behalten werden muss, kann man beim Schichten mehr oder weniger gleich drauflosmalen.

Der für mich wohl wichtigste Vorteil des Schichtens ist aber, dass man beim Bemalen unterschiedlicher Modelle problemlos „skalieren“ kann. Wenn man die Figuren für ein Tabletop-Spiel bemalt, muss man überlicherweise eine recht hohe Anzahl an Modellen bemalen und verzichtet sicherlich gerne auf den Aufwand, den eine hohe Anzahl an Schichten mit sich bringt. Dennoch kann man problemlos bei seinen wichtigsten Modelle, also den Charaktermodelle, Offiziere usw. noch – im wahrsten Sinne des Wortes – „einen draufsetzen“ und sie auf diese Weise zu den Prunkstücken seiner Miniaturenarmee machen. Und das, ohne sie stilistisch zu sehr vom Rest der Miniaturen abweichen.

13 Replies to “Schichten (Layering)”

  1. Ich finde deine Seite klasse und wie detailliert du auf die einzelnen Techniken eingehst. Das hat mir sehr weitergeholfen um mich zu verbessern! 🙂
    Vielleicht magst du ja mal ein Tutorial zum Thema „Licht und Schatten“ machen 🙂

    1. Hallo Daniel!
      Vielen Dank für das Lob. Es motiviert mich wirklich immer sehr, wenn ich lese, dass meine Hinweise für andere wirklich von Nutzen sind.
      Die Idee mit einem Artikel zum Thema „Licht und Schatten“ finde ich sehr gut. Darüber ließe sich sehr viel schreiben und vermutlich wird dies in Zukunft auch Thema von mehr als einem Artikel werden, da es sich mit anderen Themen überschneidet (z.B. Kontraste oder Nicht-metallische Metalleffekte). Ich plane in einem meiner nächsten Artikel (vermutlich im über-übernächsten) auf value sketching einzugehen und dabei spielen Licht und Schatten eine große Rolle (da man im ersten Schritt dieser Technik die beleuchteten und die im Schatten liegenden Flächen der Miniatur definiert).

  2. Super hilfreich und sehr gut geschrieben. Freue mich RIESIG auf weitere Beiträge. Danke für deine Zeit/Arbeit die du hier in diese Seiten steckst. Gruss Xaver

    1. Hallo Xaver Erni,
      vielen Dank!
      Der nächste Artikel ist auch schon wieder in Arbeit. Bis zur Veröffentlichung wird es noch etwas dauern (da ich zur Zeit nicht so oft zum Schreiben komme, wie ich das gerne täte), aber ich bin dran. 🙂

  3. Ich lese die ganzen Artikel im Bereich „Techniken und Grundlagen“ gerade, um mich auf meine ersten Versuche im Bemalen von Warhammer 40k Figuren ueberhaupt vorzubereiten. Super gemacht und ich hab schon viel gelernt, bevor ich den ersten Pinselstrich getan habe. Eine Frage bleibt beim Artikel ueber Schichten (Layering) fuer mich gerade offen, die meiner Meinung nach haette beantwortet werden koennen. WIE komme ich zu den immer helleren Farbtoenen? Mische ich meiner Grundfarbe einfach in kleinen Schritten immer ein bisschen Weiß hinzu, oder nehme ich dafuer ganz andere Farben? Vielen Dank, fuer eine schnelle Antwort und weiter so, ich bin begeistert!

    1. Hallo Marc,

      vielen Dank für dein freundliches Feedback. Du hast recht, die Sache mit den Farben hätte ich ruhig in dem Artikel anreißen sollen. Ich schreibe hier aber bewusst „anreißen“, da das Mischen von Farben mindestens einen eigenen Artikel verdient bzw. ich eigentlich zum Thema Farbtheorie eine ganze Reihe an Artikeln schreiben könnte. Die sind auch geplant, erfordern von mir aber noch etwas mehr Vorbereitung und Recherche.

      Aber nun konkret zu der Farbe:
      Ja, man kann der Ausgangsfarbe immer ein klein wenig mehr Weiß hinzugeben, um sie heller zu bekommen.
      In meinem Beispiel habe ich ja recht viele Schichten dargestellt und bei mehr als 4-5 Farbschichten wirst du eigentlich immer irgendwie Farbe mischen müssen. Wenn du weniger Schichten verwendest, kannst du Glück haben und du findest die Farben fertig „gemischt“ bei (ggf. unterschiedlichen) Farbherstellern. Das bedeutet aber auch, dass du etwas mehr Geld ausgeben musst.
      Wenn du Farben mischen möchtest, kannst du auch andere Farben als Weiß verwenden, um Farben heller zu bekommen. Vor allem Beige, Hellgrau oder Gelb bieten sich da natürlich an. Abgesehen davon, dass das hellste Highlight dann interessanter aussieht als (nahezu) pures Weiß, sind die Farbpigmente bei Weiß manchmal etwas schwierig zu handhaben, da sie schnell eine kreidige Struktur ergeben.

      Oft ist es auch sinnvoll, sich den hellsten und den dunkelsten Farbton einer Fläche, die man layern möchte, zu kaufen und die Zwischentöne dann aus den beiden Extremen zusammenzumischen.

      Ich hoffe, dass meine Ausführungen einigermaßen verständlich geraten sind.

      1. Super, vielen Dank fuer die ausfuehrliche und verstaendliche Antwort! Du erklaerst hier alles total verstaendlich. Man kann deinen Ausfuehrungen sehr gut folgen. Ich freue mich, die Sachen in naher Zukunft in der Praxis durchzuarbeiten. Vielen Dank nochmal und weiter so! 😉

  4. Hallo Bemalmini
    Bin erst am Samstag auf deine tolle Seite gestoßen. Ich malte seit 1991 – 2017 Figuren aller Art mit Acryl und Öl. Habe auch schon ein paar Preise in Ingolstadt und Kulmbach gewonnen. Seit 2017! versuche ich mir das Acrylmalen beizubringen. Aber bisjetzt hat es noch nicht so richtig geklappt. Haben mir schon DVDs und Bücher gekauft. Leider hat das alles nix gebracht. Aber Deine Seite hat mich sehr überzeugt, das ich denke es jetzt zu schaffen. Mach weiter so.

    Gruß
    Wolfgang

    1. Hallo Wolfgang,

      vielen herzlichen Dank für die wirklich motivierenden Worte. Wenn meine Seite auch Leuten mit deiner Erfahrung noch etwas bringt, bin ich mit ihr wohl auf dem richtigen Weg.

      Ich wünsche dir noch ganz viel Erfolg bei deinen nächsten Vorstößen in die Acrylmalerei.

  5. Ich hab vor wenigen Monaten mit dem Miniaturen bemalen begonnen, und vor allem am Anfang gibt’s so viele Fragen die man hat… Du hast mir bereits viele Antworten geliefert. Danke für deine Erklärungen, du kannst nicht nur gut mit dem Pinsel sondern auch mit Worten umgehen, da du alles sehr verständlich rüber bringst. Du würdest einen guten Lehrer abgeben. Nur weiter so und schöne Grüße aus Salzburg.

  6. Hallo Martin,

    vielen herzlichen Dank für das Lob. Wie schon mehrfach erwähnt, freue ich mich immer sehr darüber, wenn ich Einsteigern ihre ersten Schritte ins Hobby etwas erleichtern kann. 🙂 Den Hinweis mit dem Lehrer betrachte ich als großes Lob!

    Viele Grüße aus dem nördlichen Deutschland! (Zwischen uns liegen etwa 7 Stunden Autofahrt – das Internet ist schon praktisch… 🙂 )

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