Strukturpalette

Hobbyisten, die schon einige Jahre Miniaturen bemalen, werden in der Regel wissen, was eine Nasspalette ist. Vielleicht verwenden sie selbst keine, aber viele werden zumindest schon einmal über diesen Begriff gestolpert sein. Doch was ist denn nun schon wieder eine Strukturpalette und was hat sie mit Trockenbürsten zu tun?

Mir selbst ist dieser Begriff erst vor relativ kurzer Zeit zum ersten Mal untergekommen und hat mich gleich neugierig gemacht. Es stellte sich heraus, dass dieses Hilfsmittel für mich ein Problem löst, auf das ich während des Malens bzw. genauer gesagt während des Trockenbürstens schon oft gestoßen bin. Denn genau darum geht es: Eine Strukturpalette ist eine Palette, die uns die Arbeit beim Trockenbürsten erleichtert, indem sie Unsicherheiten beseitigt. Was genau ich damit meine, erfährst du in diesem Artikel.

Grundproblem: Stolperstein beim Trockenbürsten

Ich gehe im Folgenden davon aus, dass du meinen Artikel zum Trockenbürsten bereits kennst und/oder zumindest schon einige eigene Erfahrungen mit dieser Methode gesammelt hast.

Ein wichtiger Tipp beim Nutzen dieser Technik ist, dass man sich Zeit lassen sollte. Die Ergebnisse geraten sauberer und weniger „strichig“, wenn man nicht mit Druck arbeitet und nur so viel Farbe im Pinsel hat, wie man wirklich gerade so braucht. Die Sache mit dem Druck ist im Wesentlichen eine Frage der Erfahrung. Arbeite zunächst einfach mit so wenig Druck wie möglich. Für den zweiten Punkt – also die Menge der Farbe auf dem Pinsel – kann eine Strukturpalette sehr hilfreich sein.

Nachdem man Farbe mit dem Pinsel aufgenommen hat, streift man beim Trockenbürsten ja üblicherweise einen großen Teil diese Farbe wieder ab. So weit so gut. Doch woher weiß ich, wie viel Farbe gerade genug ist? Ich persönlich hatte schon öfter das Problem, dass ich dachte: „Ok, so müsste es eigentlich klappen. Jetzt kann ich mich mit dem Pinsel an die Mini wagen.“ Und dann wurde nach den ersten Pinselstrichen deutlich, dass ich doch noch etwas zu viel Farbe an den Pinselhaaren hatte. Im Endeffekt geriet das Ergebnis meiner Trockenbürstbemühungen dann weniger sauber, als ich es mir gewünscht hätte. Und andersherum: Wenn ich zu vorsichtig war, dauerte das Trockenbürsten unnötig lange. Meist so lange, dass ich dann später doch wieder unvorsichtiger wurde und wiederum zu viel Farbe verwendete.

Versteh mich nicht falsch, es ist nicht so, dass ich ständig meine Figuren durchs Trockenbürsten komplett versaue. Nein, aber hin und wieder wünsche ich mir dann doch einfach mehr Sicherheit, ob wirklich schon genug Farbe aus den Pinselhaaren herausgewischt wurde.

Und hier kommt die Strukturpalette ins Spiel. Letztendlich handelt es sich dabei nur um eine Palette (ein Stück Plastik, ein Brettchen, eine Fliese…) mit etwas Struktur darauf. Da sich diese Struktur eher wie die unregelmäßige Oberfläche meiner Miniatur verhält, als eine glatte Palette dies tun würde, kann ich an ihr meine ersten Pinselstriche testen. Dadurch weiß ich, ab wann ich mich an meine Mini wagen kann.

Bauen oder kaufen?

Wer es einfach haben möchte, kann sich eine Trockenpalette schon fertig kaufen. So gibt es hier beispielsweise unterschiedliche Modelle von Artis Opus.

Ich persönlich würde dafür allerdings kein Geld ausgeben. (Auch wenn ich sonst dazu neigen, mir viel zu viele Hilfsmittel zu kaufen.) Zum einen lässt sich so eine Palette auch ganz einfach selbst bauen und zum anderen ist man dann bei der Auswahl an Strukturen eingeschränkt. Je mehr unterschiedliche Strukturen sich aber auf meiner Palette befinden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie der Oberfläche auf meinen Miniaturen entsprechen.

Meine Palette Marke Eigenbau sieht so aus:

Das Foto weist einige Reflexionen auf, aber im Wesentlichen ist sicherlich zu erkennen, dass ich unterschiedliche Materialien auf eine Platte geklebt und alles anschließend schwarz angesprüht habe. (Ja, es ist nahezu alles schwarz – das meiste, was nicht danach aussieht, sind Reflexionen.)

Bei der Auswahl meiner Materialien habe ich mich im Wesentlichen danach gerichtet, was ich ohnehin im Haus hatte und was zudem auf den Bases meiner Modelle ziemlich häufig zum Einsatz kommt. Weiteres dazu folgt dann weiter unten.

Zusammenstellung der Strukturen

Als Grundlage für meine Palette diente mir ein altes Stück Plasticard (*). Es handelte sich dabei ursprünglich mal um einen Fehlkauf, da das Material viel zu dick war, um vernünftig damit basteln zu können. In der Vergangenheit musste diese Platte deswegen immer mal wieder als trockene Palette herhalten. Außerdem nahm ich mir ein paar Gussrahmenreste, um mir damit einen Rahmen für die Platte zu bauen. Dieser Schritt ist vollkommen optional. Allerdings hat man dann beim Ankleben solcher Materialien wie Sand dann den Vorteil, dass kein Material auf den Arbeitsplatz krümelt. Vermutlich ist die Palette dann auch etwas robuster, weil an den Seiten nichts abbröseln kann. Nach dem Ankleben des Rahmens entfernte ich die gröbsten Unebenheiten mit einem Dremel / Multitool (also sowas hier (*)).

Neben Plastik eignet sich auch Holz gut als Untergrund für eine Strukturpalette. Man könnte also zum Beispiel auch eine „richtige“ Palette für Leinwandmalerei zweckentfremden (soetwas hier (*) z.B.).

Nachdem ich mein Bastelkrams nach Basingmaterial durchforstet hatte, lagen folgende Dinge auf meinem Tisch: Korkplattenreste (*), Vogelsand, kleine oder größere Deko-Steinchen, fertig angemischte Strukturpaste (*), Sperrholzrest (*), Orchideenerde (*) und diese Kügelchen, die in Wasserfiltern (*) für Kaffeemaschinen stecken.

Du bist selbstverständlich völlig frei in deiner Entscheidung, welche Materialien du für deine Palette auswählst. Ich würde aber empfehlen, dass ein Teil der Palette aus einer glatten Holzfläche besteht (Weiteres dazu schreibe ich unten beim Einsatz).

Ich mischte mir etwas Holzleim (*) etwa 1:1 mit Wasser zusammen und klebte damit all diese Materialien auf meinen Plastikuntergrund. Zwar würde das Festkleben all dieser Dinge mit purem Holzleim auch wunderbar funktionieren, doch besteht dann die Gefall, dass der Leim die feineren Strukturen der Kügelchen oder des Sandes überdeckt.

Grundierung der Strukturpalette

Nachdem alles gut getrocknet war, schüttelte ich die Sandreste und Kügelchen von der Palette, die nicht richtig fixiert waren. Anschließend grundierte ich alles noch einmal schwarz.

Auch wenn die Palette durch ihren Einsatz nach und nach immer andere Farben annehmen wird, erscheint es mir dennoch sinnvoll, vorerst einen einheitlichen Untergrundfarbton zu schaffen. Dieser muss nicht zwingend schwarz sein. Ich halte diese Farbwahl aber für sinnvoll, da man ja in der Regel mit helleren Farben trockenbürstet. Und diese kann man dann wiederum auf Schwarz besser erkennen als auf z.B. einem hellen Grau oder auf Weiß. Gleichzeitig ist diese Entscheidung ja ohnehin keine für die Ewigkeit. Es spricht nichts dagegen, die Palette noch einmal neu zu grundieren, wenn einem eine andere Farbe für ein anderes besser passt.

So bemale ich beispielsweise meine Warhammer 40k Death Guard Armee auf einer grünen Grundierung. Wenn ich also weiß, dass ich mich diesem Projekt einmal wieder für längere Zeit annehmen möchte, könnte ich die Palette einfach gründ übersprühen.

Einsatz der Strukturpalette

Zum tatsächlichen Einsatz der Palette gibt es eigentlich nicht mehr viel zu sagen. Wie bereits weiter oben geschrieben gehe ich davon aus, dass du meinen Artikel zum Trockenbürsten bereits gelesen hast und/oder ohnehin schon Erfahrungen mit dem Trockenbürsten bzw. Drybrushing gesammelt hast.

Die Trockenpalette dient kann dir nun als Testfeld für die Farbmenge (und ggf. die Konsistenz) der Farbe auf deinem Pinsel dienen.

Auf meiner Palette habe ich ganz bewusst einen relativ großen Bereich für eine glatte (Sperr-)Holzfläche vorgesehen. Nachdem ich den Pinsel mit Farbe versehen habe, dient mir diese Fläche zum Abstreifen der meisten überschüssigen Farbe. Früher verwendete ich dafür Küchenpapier, doch dieses ist dafür eigentlich nicht so gut geeignet. Aufgrund der Saugkraft des Papiers wird dem Pinsel zu viel Feuchtigkeit entzogen. Im Ergebnis gerät die Farbe zunächst in dem Pinselhaaren und dann auf der Miniatur zu trocken und kreidig. (Ja, es heißt zwar Trockenbürsten, doch völlig trocken sollten die Farben dann doch nicht sein.) Stattdessen verwende ich dafür nun diese Holzfläche.

Sobald ich den Eindruck habe, dass sich die richtige Menge an Farbe auf meinem Pinsel befindet, starte ich einen Test auf dem Rest der Trockenpalette. Ich wähle mir also die Struktur aus, deren Detailgrad bzw. allgemeine Beschaffenheit dem Untergrund der Miniatur am ähnlichsten ist und bürste diese trocken. Sieht das Ergebnis so aus, wie ich es mir auf meiner Mini auch erhoffe, kann ich das Trockenbürsten auf meiner Miniatur fortsetzen. Falls nicht, muss ich einfach noch etwas mehr Farbe abstreifen.

Schlussbemerkung

Nein, eine Strukturpalette wird nicht alle Probleme lösen und man wird trotzdem Erfahrung bzw. muscle memory benötigen, um die Technik des Trockenbürstens wirklich zu meistern. Aber sie stellt meiner Meinung nach ein nützliches Werkzeug dar, um Sicherheit zu schaffen. Dies liegt vor allem daran, dass man an ihr die benötigte Erfahrung völlig stressfrei sammeln kann.

Ob dieses Hilfsmittel etwas für dich ist, kannst nur du selbst entscheiden. Ich persönlich empfinde sie jedenfalls als durchaus nützlich. Außerdem ist der Aufwand für das Basteln einer solchen Palette wirklich minimal und kann auch nach und nach geschehen, während man der Farbe auf seinen Minis beim Trocknen zuschaut.

Wie immer freue ich mich natürlich über Feedback.

4 Replies to “Strukturpalette”

  1. Freue mich jedes Mal über deine Beiträge. Hoffe, du hattest ebenfalls ein entspanntes Weihnachtsfest.

    Die Idee mit der Strukturpalette ist genial, besonders viel Charme hat die selbst zusammengestellte.

    Vielen Dank dafür 🙂

  2. Gute Idee! Aber wenn mal ein begnadeter Modeler eine ordentliche STL erstellt, dann können wir uns eine drucken, ohne Bastelei.
    Vielleicht findet sich ja jemand.

  3. Wie gewohnt ein sehr gutes Tutorial von dir. Mich hat es auf jeden Fall soweit überzeugt, das ich mir so eine Palette mal basteln werde. Hatte die Idee schon ein paarmal und dann immer wieder verworfen. Aber weil man gerade durch gutes Trockenbürsten sehr gute Ergebnisse erzielen kann, macht es schon Sinn sich dahingehend besser aufzustellen. Vor allem wenn man fortschrittlichere Techniken nur bei absoluter gigantischer Motivation verwendet … wie ich es meistens mache 😀

    1. Hallo Garbosch,
      schön von dir zu hören. Ja, GUTES Trockenbürsten kann echt tolle Ergebnisse erzielen. Die Videos von Artis Opus dazu sind richtig gut und zeigen, was da so alles geht: https://www.youtube.com/watch?v=kxuY2NXeI2M
      Ich selbst gehe durch die Palette wirklich noch etwas zuversichtlicher an meine Modelle ran, wenn es ums Trockenbürsten geht.
      Viele Grüße!

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